Wir erinnern uns: 2004 verklagen die Zwillingsbrüder Winklevoos einen gewissen Mark Zuckerberg und werfen ihrem ehemaligen Kommilitonen vor, er habe die Idee zu Facebook von ihrem sozialen Netzwerk ConnectU gestohlen. Die Geschichte ist bekannt und lieferte die Vorlage für den Film „The Social Network“. Facebook ist ein Internetriese, ConnectU nie wirklich gestartet. Der Vorwurf des Ideenklaus wird nie rechtsgültig geklärt, 2011 akzeptieren die Brüder ein Vergleichsangebot was sie zur damaligen Zeit um kolportierte 100 Mio. US-Dollar reicher machte.
10 Jahre später scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Diesmal ist Zuckerberg zwar nur mittelbar involviert, er muss aber dennoch vor Gericht Rede und Antwort stehen.
Live Tweeting now forbidden at Mark Zuckerberg federal court appearance. The latest Live on TV, 4&5p. NBC5 @NBCDFW #NBCDFWNow pic.twitter.com/YbHSd2cAqO
— Ken Kalthoff (@KenKalthoffNBC5) January 17, 2017
(Ein seltenes Bild von Zuckerberg im Anzug…..)
Grund für seinen Auftritt vor Gericht ist die 2014 erfolgte Übernahme von Oculus VR Inc., den „Entwicklern“ der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift, bekannt. Das Wort „Entwickler“ steht absichtlich in Anführungszeichen, denn genau dies wird von der Firma Zenimax Media bestritten. Zenimax, das ist die Firma, zu denen Gamesschmieden, wie Bethesda oder id Software gehören und (funfact) in dessen Aufsichtsrat der Bruder von Donald Trump sitzt.
Worum geht es? Zenimax wirft Oculus vor, nur auf Grund des Know-Hows ihres ehemaligen Mitarbeiters, John Carmack (VR-Experte und Spieleentwickler), der eine Zeit lang sowohl für id Software als auch für Oculus arbeitetete, erfolgreich gewesen zu sein. Zenimax wirft Carmack vor, sein Know-How, das er sich in seiner Zeit bei id Software angeeignet hat, in die Konstruktion der Oculus-Rift hat einfließen lassen. Er habe dabei gegen die „Work-for-Hire“-Klausel seines Arbeitsvertrages verstoßen. Fakt ist wohl, dass Carmack dem Team von Oculus seinerzeit half die „Rift“ fit für die E3 2012 zu machen. Strittig wie weit die Hilfe ging und inwiefern Oculus von dem Know How Carmacks profitierte. Darüber hinaus soll Carmacks Hilfestellung bei der Erstellung der Kickstarter-Kampagne wesentlich für den weiteren Erfolg sein, wiederum mit Know-How, das Zenimax für sich beansprucht. Das Oculus in der Kampagne Backern die VR-Edition von Doom3 versprach (dessen Rechte bei Zenimax liegen) und Zenimax vorbringt keine Zustimmung dazu erteilt zu haben, sei hier nur als kleine Randnotiz vermerkt.
Emails vom November 2012 belegen, dass es tatsächlich einige Fragen an Cormack von Oculus gab . Carmack sei verboten worden weiter mit Oculus zu reden, nachdem Kooperationsgespräche zwischen den beiden Firmen nicht erfolgreich waren. Letztendlich verließ Cormack, wie auch andere Mitarbeiter Zenimax und heuerten bei Oculus an. Dabei soll Carmack tausende Dokumente mit vertraulichen Daten kopiert und mit zu Oculus genommen haben. Oculus wurde eine (zumindest für die Firmengründer) Erfolgsgeschichte und wurde im März 2014 für 2 Milliarden US-Dollar von Facebook aufgekauft. Dies ist auch der Grund für Zuckerbergs Gerichtstermin. Es bleibt spannend was letztendlich dabei rauskommt, sollte es zu einem Urteil kommen. Für die Praxis werden aber vor Allem zwei Dinge sehr deutlich:
1. Die Notwendigkeit eines effektiven Know-How-Schutz durch NDA & Co (für die „Player“ in der EU auch interessant: Die Richtlinie „über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung“ mit…
2. klar definierten Konsequenzen versehene “Non-Poaching bzw. Non-Enticement“-Klauseln.
Schauen wir uns das mal kurz genauer an:
ad 1. Wer in der (nicht mehr gang so) Neuen Medienbranche arbeitet, kennt sie, die ungeliebten NDA. Man bekommt sie in der Regel vor dem ersten Gespräch vorgelegt (und unterschreibt sie meist ohne den Inhalt genau gelesen zu haben). Damit sind NDA in Bezug auf die Aufmerksamkeit, die ihnen zukommt mit AGB gleichgestellt. Meist handelt es sich bei den NDA um Vorlagen, die aus dem US-amerikanischen Raum kommen und die daher eigentlich erst mal auf ihre Anwendbarkeit unter nationalem Recht überprüft werden müsste, aber geschenkt. In unserem Fall spannender ist die Frage, was den eigentlich geschützt ist. Die meisten NDA sind hier vage, um ja keine Lücke zu lassen, erreichen mit dieser Taktik aber genau das Gegenteil. NDA-Unterworfene kennen sich nicht genau aus und nehmen den NDA daher oft nicht ernst. Tatsächlich soll er ja aber mit das Wertvollste was eine Firma hat schützen. Eine Präzisierung, welche nicht nur für Juristen verständlich ist, wäre also wünschenswert. Die Umsetzungsnotwendigkeit der Know-How-RL wird hier hoffentlich helfen in diese Richtung tätig zu werden, da die RL die Anforderungen an schutzwürdiges Know-How erhöht. Genaueres kann man hier nachlesen
ad 2. Auch die Regelungen über das Nichtabwerbern von Know-How-Trägern ist oftmals verbesserungswürdig. Neben den Rahmenbediungen, die von Gesetzgebung und Judikatur für „Konkurenzklauseln“ vorgegeben sind, sind auch hier oftmals US-amerikanische Klauseln im Einsatz. Schaut man sich die Judikatur dazu in den USA an, sieht man, das es hier große Unterschiede bei der Auslegung in den vielen verschiedenen Bundesstaaten gibt. Tenor ist aber meist, das es auch hier an einer Präzisierung vor Allem bei den Konsequenzen fehlt. Auch hier sollte neben dem Vertrauen auf die allgemeingültigen Regeln zum Schadenersatz eine dispositive Ausformulierung der konsequenzenauslösenden Sachverhalte schon auf Vertragsebene erfolgen, oder?
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